Das Erdwerk Müsleringen liegt inmitten der norddeutschen Tiefebene auf einer Flusssand-Insel im Urstromtal der Weser. In der Ferne sieht man das Wiehengebirge mit der Porta Westfalica.
Und am Tage der Entdeckung waren Günter Lange (Pilot) und Heinz-Dieter Freese zunächst ratlos: „Wow, wir haben was entdeckt, – ist das eine Burg?“ Freese: „Ich erinnere mich, dass ich da unten einen parallelen Doppelgraben sah und mit der analogen Kamera versuchte, so schnell wie möglich Dias anzufertigen, Günter Lange musste mehrere Runden drehen.“
Hinterher ging der Film 10 Tage in die Entwicklung, bevor das Ergebnis die Forscher jubeln ließ. „Wir haben einen germanischen Herrenhof entdeckt!“ freute sich H.-D. Freese, und schrieb in der FAN-Post: „Sofort fügte sich dieses schöne Ensemble von Bodendenkmälern in meiner Phantasie zu einem historischen Bild zusammen: Vor meinen Augen lag die germanische Burganlage, die jeder Reisende auf der linken Weserseite unbedingt passieren musste. Die Fernstraße führte zwischen der mächtigen Palisade und den Gräbern der Vorfahren hindurch. Menschen gingen ein und aus. Und im Hintergrund sah ich den Rauch aus vielen strohbedeckten Häusern und Hütten aufsteigen.“ Erst im Laufe der Zeit wurde klar, dass es dieses schöne historische Bild wohl nie gegeben hat. Denn die Doppelgrabenanlage ist etwa 5000 Jahre älter als die Grubenhäuser, welche sich großflächig durch dunkle Flecken im Getreide abzeichnen.
Entdecken Sie das Erdwerk in einem interaktiven Luftbild.
Bereits im Jahre 1974 beobachtete der Landwirt Walter Denecke sehr auffällige Bewuchsveränderungen in seiner Wintergerste. Der Bezirksarchäologe E. Cosack schrieb dazu in einem Bericht vom 6. Januar 1975: “Die im Frühsommer durchgeführte Kartierung ergab 24 Stellen, an denen das Getreide besonders hoch gewachsen war. Fünf dieser Plätze wurden gegraben und ergaben je ein Grubenhaus von ca. 4 x 4 m. Zwei Grubenhäuser gehören in die Römische Kaiserzeit. …Drei weitere Grubenhäuser sind dem Frühen Mittelalter zuzuordnen.” Außerdem wurden kleine Flächen direkt hinter dem neuzeitlichen Bauernhaus ausgegraben. Es fanden sich Keramik sowie Spuren eines Töpferofens und Reste von Eisenverhüttung. 1993 stieß man beim Bau einer Scheune auf Keramik, die in die Völkerwanderungszeit datiert werden konnte.
Nach der Entdeckung der Erdwerksgräben aus der Luft zeigte sich der Eigentümer, Landwirt Walter Denecke, sofort begeistert und unterstützte in den folgenden Jahren die Ausgrabungen vor Ort nach Kräften, unter anderem stellte er seine Scheune zur Verfügung.
Einziger Dorn im Auge waren ihm die großflächigen Grabungsschnitte, denn natürlich wird der fruchtbare Boden dabei mit tieferen Schichten vermischt und eine Ertragsminderung ist nicht ausgeschlossen.
Darum an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an den Eigentümer und an den Pächter, Fam. Wrede in Müsleringen.
Der wissenschaftliche Ertrag der Untersuchungen in den Jahren 2009 – 2013 findet sich in der Masterarbeit von Alexandra Philippi:
Die Fundstelle Müsleringen, Ldkr. Nienburg (Weser) und die jungneolithischen Erdwerke im Leine-Weser-Gebiet.
Berichte und Fotos aus den Kampagnen 2009-2013 finden Sie hier:
- Müsleringen, Gem. Stolzenau, LK Nienburg (2009)
- Müsleringen, Gem. Stolzenau, LK Nienburg (2010)
- Müsleringen, Gem. Stolzenau, LK Nienburg (2011)
- Müsleringen, Gem. Stolzenau, LK Nienburg (2012)
- Müsleringen, Gem. Stolzenau, LK Nienburg (2013)
Einen Bericht der Universität Hamburg finden Sie hier als pdf-Anhang: