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Der Bronze-Eimer aus Sasendorf, Ldkr. Uelzen

Entdeckung und Ausgrabung

Im Jahre 2003 wurde eine Ethen-Pipeline von Stade nach Teutschenthal in Sachsen-Anhalt gebaut. Grabungsleiter und FAN-Vorsitzender Dr. Wilhelm Gebers fuhr damals mit Heinz-Dieter Freese die Strecke ab. In der Gemarkung Sasendorf im Landkreis Uelzen war bei den Erdarbeiten ein bislang unbekanntes Gräberfeld der Älteren Römischen Kaiserzeit angeschnitten worden. Auf dem Erdaushub hatte das Grabungsteam bereits etliche verpflügte Grabbeigaben entdeckt. So entstand die Idee, die Fläche nach dem Zuschieben noch weiter abzusuchen.

Im Oktober 2005 prospektierte Heinz-Dieter Freese den abgeernteten Kartoffelacker mit seinem Metallsuchgerät. Die Dämmerung war schon hereingebrochen, als das Gerät einen leisen Ton von sich gab, der auf Buntmetall schließen ließ. Der Finder durchsuchte daraufhin ergebnislos den Pflughorizont in einer Breite von circa 0,5 m und einer Tiefe von circa 0,3 m bis hinunter zum gelben, anstehenden Boden. Aus dieser scheinbar unberührten Erde kam weiterhin ein so starkes Signal, dass Heinz-Dieter Freese einen ungestörten Metallkomplex der Älteren römischen Kaiserzeit vermutete. Schweren Herzens schüttete er die Grube wieder zu, um das tiefer liegende Objekt nicht zu beschädigen. Der Bezirksarchäologe wurde umgehend über die Entdeckung informiert.

Bei der Trassengrabung im Jahre 2003 zeigten sich sämtliche Bestattungen durch den modernen Ackerbau bereits schwer geschädigt und gestört. Deshalb wurde beschlossen, den fraglichen Metallkomplex freizulegen und aus dem gefährdeten Pflugbereich zu entnehmen.

Unter dem Motto „Top(p) oder Flop?“ fand am 19. August 2006 eine Grabung statt, an der sich sieben Vereinsmitglieder des „Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen e.V.“ unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Wilhelm Gebers beteiligten. Als Zielvorgabe zeigte Heinz-Dieter Freese den angereisten Grabungshelfern zunächst das Foto eines Bronze-Eimers aus der Werkstatt des Publius Cipius Polybius in Capua und erntete damit verblüffte und ungläubige Gesichter. Aber gut zwei Stunden später stieß die Kelle tatsächlich auf die Wandung eines römischen Eimers. Das Bronzeblech war so mürbe, das es bei der kleinsten Berührung splitterte. Außerdem schien es mit einem textilen Stoff umhüllt zu sein. Deshalb fiel die Entscheidung, das Bronzegefäß en bloc zu bergen und in das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege in Hannover zu überführen.

Foto: Heinz-Dieter Freese
Sasendorf, Entdeckung des Eimers am 19. August 2006. Foto: Heinz-Dieter Freese
Abtransport. Foto: Heinz-Dieter Freese

Restaurierung:

Nach der Blockbergung des Sasendorfer Eimers stellte sich die Frage, auf welche Art und Weise diese einzig komplett erhaltene Bestattung des Friedhofes dokumentiert und konserviert werden könne. Die dabei anfallenden Kosten wurden zwar schon zu Beginn recht hoch eingeschätzt, aber die Endsumme übertraf mit 5045 Euro alle Erwartungen. Nach Entfernung des Gipsmantels und der „Ausgrabung im Eimer“ durch den damaligen FAN-Schriftführer Gerd Lübbers (†) wurde die Situla vermessen. Der Eimer ist 25 cm hoch. Nach dem Guss in verlorener Form hat der Eimer seine endgültige Form auf der Drehbank erhalten, wie die konzentrischen Ringe auf der Standfläche zeigen.

Sasendorf, Freilegung des Eimers. Foto: Gerd Lübbers
Sasendorf, konzentrischen Ringe auf der Standfläche des Eimers. Foto: Wilhelm Gebers

Auf der Schulter, dem Umbruch und dem Boden haften unterschiedlich kleine und größere Leinenreste, die nach dem Freilegen und Fotografieren mit Heraldit gefestigt wurden.

Die Henkelenden sind in der Form eines Vogelkopfes mit Hals ausgebildet und in die Ösen der Henkelattaschen eingehängt, die außen am Eimerrand angebracht sind. Die Attaschen sind in Form eines Frauenkopfes gestaltet.

Sasendorf, Henkeltaschen. Foto: Wilhelm Gebers
Sasendorf, Attaschen. Foto: Wilhelm Gebers

Der Inhalt des Bronzeeimers wurde in waagerechten Abträgen von 1-2 cm freigelegt. Das jeweils entstehende Planum wurde fotografiert, in den oberen Abträgen von Hand gezeichnet und beschrieben. Auch ein senkrechter Profilschnitt durch alle 15 Abträge wurde zeichnerisch erstellt. Die Arbeit gestaltete sich umso schwieriger, je tiefer die Abträge erfolgten. In der Urne muss lange Zeit Wasser gestanden haben, so dass die eisernen Grabbeigaben durch Korrosion fest mit ihrer Umgebung verbacken waren.

Die anthropologische und paläopathologische Untersuchung des Leichenbrandes, insgesamt 1032 g, erbrachte sehr detaillierte Ergebnisse zur Person des Verstorbenen und zum Vorgang der Verbrennung.

Grabbeigaben:

1 goldener Fingerring, 4 Bronze-Nägel mit pilzförmigem Kopf, 1 Trompetenfibel (-Fragment) aus Silber, 112 Bronze-Schmelzfragmente mit zumeist nur wenigen mm Durchmesser, 1 eiserne Kniefibel, 4 Knochennadeln, 1 Kasserollenrand aus Bronze, 1 Schere aus Eisen in 3 Fragmenten, 1 sichelförmiges Rasiermesser aus Eisen, 1 Messer aus Eisen, 1 eiserner Metallstab, 2 Bruchstücke einer flachen Schale, 2 Holzfragmente.

Datierung:

Produziert wurde der Bronzeeimer vermutlich gegen Ende des ersten oder zu Beginn des zweiten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung. Natürlich spielen bei der Datierung der Grablegung auch lebensgeschichtliche Faktoren eine wichtige Rolle. Somit ergibt sich als vermutlicher Bestattungszeitraum die erste Hälfte des zweiten christlichen Jahrhunderts. Eine genauere 14-C Datierung ließe sich mithilfe der Holzfragmente gewinnen, die in der Urne gefunden wurden. Darauf wurde bislang aus Kostengründen verzichtet.

Ausstellung, Rekonstruktion des Grabes. Foto: Heinz-Dieter Freese

Finanzierung:

Die Freilegung und Konservierung erfolgte zum größten Teil aus Spenden der FAN-Mitglieder.

In zwei FAN-Sonderausstellungen wurden die Sasendorfer Funde der Öffentlichkeit präsentiert.

Anschließend wurde der gesamte Grabkomplex dem Landesmuseum Hannover übergeben.

Sasendorf, Übergabe des Eimers an das Landesmuseum Hannover. Foto: Gerd Lübbers.

Veröffentlichung: